Der Leib offenbart Gott
Als Person mit Leib und Seele, geschaffen im Abbild Gottes, erkennen wir die Bedeutung des Lebens wenn wir erkennen was es heißt Gottes Abbild zu sein. Dies sind wir nicht nur mit unserer Seele, sondern auch mit unserem Körper. Wir gleichen Gott nicht nur durch unseren freien Willen und Verstand, sondern auch durch die Gemeinschaft mit anderen. „Menschsein bedeutet, zur interpersonalen Gemeinschaft gerufen zu sein“. Warum? Weil Gott selber eine Personengemeinschaft ist, in der Heiligen Dreifaltigkeit. Johannes Paul erklärt dass der „Mensch Abbild Gottes wurde nicht nur durch sein eigenes Mensch-Sein sondern auch durch die Personengemeinschaft die Mann und Frau von Anbeginn an lebten.“ (ToB, Nov 14, 1979)
“Der Mensch kann nicht ohne Liebe leben”
Eine ‚Personengemeinschaft’ ist dann gegeben, wenn zwei Menschen sich einander freiwillig schenken und einander in Liebe annehmen. In der Tat besteht wahre Liebe genau in diesem gegenseitigen Sich-Verschenken. Aus den Evangelien ist klar: Die Liebe ist das Wichtigste im Leben eines Christen. „Der Mensch kann nicht ohne Liebe leben. Er bleibt für sich selbst ein unbegreifliches Wesen; sein Leben ist ohne Sinn, wenn ihm nicht die Liebe geoffenbart wird, wenn er nicht der Liebe begegnet, wenn er sie nicht erfährt und sich zu eigen macht, wenn er nicht lebendigen Anteil an ihr erhält.” (Enzyklika Redemptor Homines)
Der Leib ist nicht irgendein ‚Zusatz’ zur Schöpfung
Was hat der Leib mit all diesen Dingen zu tun? Heute ist der Körper oft als Lustobjekt oder eine Maschine dargestellt, die nicht viel mit unserer seelischen Seite zu tun hat. Aber der Leib ist nicht irgendein ‚Zusatz’ zur Schöpfung. Vielmehr ist er ein lebendiger Teil von uns als menschliche Person. Warum? Weil der physische Leib die geistigen Dimension der Person offenkundig macht. Ein Lachen sagt mir, dass mein Gegenüber glücklich ist. Glück ist keine physische, fühlbare, sichtbare Tatsache, also braucht man ein physisches Zeichen, um es sichtbar zu machen.
Die bräutliche Bedeutung des Leibes
Die sexuelle Vereinigung ist Hinweis und Ausdruck einer tieferen geistigen Dimension. So wie ein Lächeln leer ist, wenn jemand nicht wirklich glücklich ist, ist auch die sexuelle Vereinigung ohne geistige Vereinigung leer. Diese physische Gemeinschaft deutet nicht nur auf eine unsichtbare Gemeinschaft zwischen Mann und Frau hin, sondern verkörpert die Liebe, die Selbsthingabe, für die wir geschaffen sind.
Gott hat unsere Körper als Mann oder Frau geschaffen, damit wir uns an den anderen verschenken können. Das ist die ‚bräutliche (oder eheliche) Bedeutung des Leibes’: „Der menschliche Körper umfasst von ‚Anfang’ an auch die … Fähigkeit, der Liebe Ausdruck zu geben: Jener Liebe in welcher der Mensch als Person Geschenk wird und – durch dieses Geschenk — den eigentlichen Sinn seines Seins und seiner Existenz verwirklicht“. Dieses Geschenk will in all unseren Beziehungen gelebt werden. Der konkreteste körperliche Ausdruck der Selbsthingabe ist aber die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau in der Ehe.
Die Sprache der sexuellen Vereinigung
Die eheliche Vereinigung ist ein Hinweis auf die Sehnsucht Gottes sich mit uns zu vereinen (natürlich nicht sexuell – aber bis auf den Grund unseres Herzens). Sie ist ein Zeichen der Liebe Christi für sein Volk. Die sexuelle Vereinigung offenbart uns deshalb auch etwas über Gottes Liebe. Das Ehepaar soll Zeuge dieser Liebe für die ganze Welt sein. In ihrer sexuellen Vereinigung sprechen ihre Körper die Sprache der Liebe und der Selbsthingabe. Diese Sprache soll aber die Wahrheit sprechen: „Die Sprache des Leibes ist mehr als bloß sexuelle Reaktion. Als echte Sprache der Personen unterliegt sie den Erfordernissen der Wahrheit, d. h. objektiven moralischen Normen. Mann und Frau sprechen sich gegenseitig aus und zwar auf die vollste und tiefste Weise die ihnen von der körperlichen Dimension ihrer Männlichkeit und Weiblichkeit ermöglicht wird: Mann und Frau bringen sich im ganzen Ausmaß der Wahrheit ihrer Person zum Ausdruck“ (ToB, Aug 22, 1984). Der einzige Weg in dieser sexuellen Vereinigung die Wahrheit zu sprechen ist, sie der Ehe vorzubehalten. Die leibliche Vereinigung in der Ehe ist der äußerliche Ausdruck der Bindung ihrer beider Leben aneinander, die im Eheversprechen begonnen hat.
Damit unsere Herzen wirklich frei werden!
Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern das Benutzen eines anderen als Mittel für seinen eigenen Lustgewinn. So sind die Herzen der Menschen „zum Kampfplatz zwischen Liebe und Begehrlichkeit“ geworden (TOB, 23. Juli 1980). Unsere Herzen sind wie ein tiefer Brunnen: Es gibt jede Menge trübes Wasser. Aber wenn wir zum Grund vordringen finden wir eine reine, lebendige Quelle. Unser Herz reicht tiefer als die Lust! Jesus genügt es nicht, wenn wir die Gebote einhalten und wie eine mühselige Last erfüllen: Er verwandelt uns und unsere Wünsche, sodass die Einhaltung der Gebote etwas ganz Natürliches wird. Dann „sind wir frei vom Gesetz“ (Paulus schreibt es so an die Römer). Dann wird das Zusammenleben in Liebe und Wahrheit erst wirklich möglich.
Christus ruft uns auf unsere Sexualität im Einklang mit unserer Würde als Person, geschaffen in Seinem Abbild, zu leben. Nur wenn wir diese Würde als Mann und Frau als Abbild Gottes leben, sind wir tatsächlich erfüllt und glücklich. Für dieses erfüllte Leben wurden wir geschaffen.
Anastasia M. Northrop ist Präsidentin der TOBIA, der Theology of the Body International Alliance.
Literaturempfehlung:
Christopher West. Theologie des Leibes für Anfänger. Einführung in die sexuelle Revolution von Papst Johannes Paul II, ISBN 3928929712.