Menschen werden aus politischen, ethnischen oder religiösen Motiven diskriminiert und verfolgt. Selten geschieht dies offen, denn wer so handelt, scheut die Öffentlichkeit. Jene, die verfolgt werden, sind deshalb auf Menschen angewiesen, die ihnen eine Stimme geben, die den Tätern unbequeme Fragen stellen, die sich nicht abweisen lassen, das Unrecht beim Namen nennen und öffentlich machen, was im Verborgenen geschieht. Auch Christen werden diskriminiert, verfolgt, ja getötet – gegenwärtig in mehr als 40 Ländern und die Tendenz ist steigend. Treffend hat der verstorbene Papst Johannes Paul II. bei vielen Gelegenheiten die Situation von Christen unterschiedlichster Konfession beschrieben. Er unterstrich, dass die Formen der Diskriminierung der Gläubigen, ja ganzer kirchlicher Gemeinschaften vielfältig und oft subtil sind, obwohl in der Gesetzgebung einzelner Staaten und in internationalen Dokumenten zu gleicher Zeit die Religions- und Gewissensfreiheit proklamiert wird. „Heute sind zum Gefängnis, zum Konzentrationslager, zur Zwangsarbeit und zur Vertreibung aus der Heimat weniger auffällige aber dafür raffiniertere Strafen hinzugekommen: nicht der blutige Tod, sondern eine Art ziviler Tod; nicht nur die Absonderung in einem Gefängnis oder Lager, sondern die ständige Einschränkung der persönlichen Freiheit oder die soziale Diskriminierung.“
In Europa scheint das Christentum an Bedeutung verloren zu haben, die Zahl der Gläubigen ist rückläufig. In der übrigen Welt ist das Gegenteil der Fall: In Afrika und Lateinamerika gibt es doppelt so viele Christen wie vor 30 Jahren, in Asien ist ihre Zahl um das Dreifache gestiegen. Von sechs Milliarden Menschen gehören heute mehr als zwei Milliarden christlichen Bekenntnissen an, 1,2 sind Muslime (70 bis 80 Prozent Sunniten, 20 bis 30 Schiiten), 828 Millionen Hindus und 364 Millionen Buddhisten. Die katholische Kirche ist mit mehr als einer Milliarde Gläubigen die größte Glaubensgemeinschaft der Welt. Religiöse Überzeugungen spielen im Alltag dieser nichteuropäischen Länder eine bedeutende Rolle. Sie schaffen Identitäten, die nicht zwingend zu Konflikten führen müssen, aber dazu beitragen können.
In westlichen Gesellschaften ist das alles im Grunde zwar bekannt, einer Mehrheit aber nicht bewusst. Dass Menschen wegen ihres Glaubens benachteiligt, verfolgt oder getötet werden, findet in der Öffentlichkeit kaum Erwähnung. Dabei stehen gerade Europäer und Nordamerikaner in der Verantwortung, weil sie nach Kolonialismus, Totalitarismus, Holocaust und zwei verheerenden Weltkriegen den Anspruch erheben, weltweit Anwälte elementarer Rechte zu sein; weil Religionsfreiheit zum Selbstverständnis ihrer Gesellschaften gehört; weil sie über die Ressourcen verfügen, Menschenrechte einzufordern und zu verteidigen.
Jeder, insbesondere Christen, welcher Konfession sie auch immer angehören mögen, sind aufgerufen, sich für die leidenden Schwestern und Brüder einzusetzen – durch ihr Gebet, ihr Wort, diskreten oder öffentlichen Protest, Sach- und Geldspenden.
Jeder kann denen Gehör verschaffen, die ihre Stimme selbst nicht mehr erheben können, weil sie zum Schweigen gebracht wurden.
Gleichermaßen gilt es, in friedlicheren Gegenden der Welt dafür zu sorgen, dass es nicht soweit kommen kann.
Lesetipp:
Neuerscheinung von Reinhard Backes, „Sie werden euch hassen – Christenverfolgung heute“. Sankt Ulrich Verlag, Augsburg, ISBN-10: 3-936484-58-9